Sehr viele Menschen in Deutschland leiden unter verschiedensten Arten von Geräuschen im Ohr. Der Fachbegriff hierfür ist Tinnitus aurium.
Man unterscheidet hier zwischen dem „subjektiven T.“, bei dem die Geräusche nur vom Patienten gehört werden können und dem „objektiven T.“, bei welchem die Geräusche, welche im Körper durch eine selbst erregte Oszillation entstehen, auch von anderen Personen gehört werden können.
Mal werden die akustischen Wahrnehmungen als Klopfen im Ohr beschrieben („Ohrklopfen“), mal als Pochen („Pochen im Ohr“) oder auch Rauschen. Die Sinneserscheinungen kommen häufig einseitig vor (im Ohr rechts, im Ohr links), können aber auch beide Seiten betreffen.
[pulledquote float=right]Pochen im Ohr hört nicht auf?[/pulledquote]Das Auftreten der Beschwerden ist zudem von Patient zu Patient verschieden. Während es beim einen nur ab und zu vorkommt, nimmt es ein anderer immer wieder war oder es hört gar nicht mehr auf (hört nicht auf).
Als Begleiterscheinungen sind Ohrenschmerzen oder Kopfschmerzen, neben den Folgen der psychischen Belastung eines solchen Leidens zu nennen.
Klopfen im Ohr – wann zum Arzt?
Wichtig zu wissen ist, wann man nun als Betroffener einen Arzt (hier einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt) aufsuchen sollte:
- Wenn zusätzlich zu den Geräuschen im Ohr noch Ohrenschmerzen auftreten
- Es zu Sekretabsonderungen aus dem Ohr kommt
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen auftreten
- das Hörvermögen verringert ist (Verdacht auf Tubenkatarrh)
- der Patient unter einem schweren grippalen Infekt leidet
- das Auftreten des Geräusches im Ohr mit einem sehr lauten Umgebungsgeräusch, einem Knalltrauma oder Unfall zeitlich in Zusammenhang steht.
Entstehung der Klopfgeräusche im Ohr
Pulssynchrone Ohrgeräusche
Ein Pochen im Ohr, welches mit dem Herzschlag synchron ist, ist immer die Folge einer echten physikalischen Geräuschquelle. Man unterteilt diese Art des Tinnitus nach dem Ort seiner Entstehung in arteriell, arteriovenös und venös.
[pulledquote float=right]arterielles / venöses Klopfen im Ohr[/pulledquote]Die Ursache von arteriellen Klopfgeräuschen im Ohr ist beispielsweise Arteriosklerose im Kopf- und Halsbereich, Dissektion und firbomuskuläre Dysplasie, während für arteriovenöse Tinnitus oft arteriovenöse Fisteln oder gefäßreiche Tumoren (z.B. Schläfenbeintumor, Glomus-Tympanicus-Tumor am Trommelfell) (Tumor) an der Schädelbasis verantwortlich sind.
Venöse pulssynchrone Ohrgeräusche haben ihren Ursprung zum Beispiel in intrakranieller Hypertension (Bluthochdruck) oder anatomischen Anomalien und Formvarianten der basalen Venen und Sinus.
Bei all diesen Formen von „Herzklopfen im Ohr“ entsteht ein Strömungsgeräusch, welches der Patient dann als störend wahrnimmt.
[pulledquote](Pochen im Ohr, Klopfen im Ohr ohne Schmerzen)[/pulledquote]Kommt es im Zuge der Gefäßerkrankungen zur partiellen Verlegung der Blutbahnen, muss ein erhöhter Druck aufgebracht werden, um diesen Widerstand zu überwinden. Ein pochendes Geräusch und Kopfschmerzen sind die Folge.
[pulledquote float=right]Entzündung im Ohr?[/pulledquote]Ohrenentzündungen (hauptsächlich Mittelohrentzündung) oder Verletzungen im Ohr führen ebenfalls zu pulssynchronen Geräuschen, da durch die Entzündung eine vermehrte Durchblutung hervorgerufen wird. Kommt es sekundär zu einer bakteriellen Infektion des Ohres, kann durch das gebildete Sekret das Trommelfell oder andere wichtige und sensible Strukturen im Gehörapparat geschädigt werden.
Grunderkrankungen sind hier eine einfache Erkältung, ein grippaler Infekt und jegliche Art von Trauma am Ohr.
Bei Lärm- und Knalltrauma werden des weiteren noch Sinneszellen geschädigt oder sogar das Trommelfell zerrissen, was auch zu Herzklopfen im Ohr führt.
Nicht pulssynchrones Ohrklopfen
Die Bandbreite der weiteren Ursachen für ein Klopfen oder Pochen im Ohr sind mannigfaltig. Aus dem Grund möchte ich hier noch einmal eine Einteilung vornehmen, nämlich nach existenten und nichtexistenten Schallquellen.
[pulledquote float=right]Existente Schallquellen[/pulledquote]
Eine mögliche Ursache ist eine verlegte Eustachische Röhre. Diese anatomische Struktur ist die Verbindung zwischen dem Gehör- und Nasen-Rachenraum. Ist sie verlegt entsteht ein Unterdruck der das Trommelfell ansaugt und ein Störgeräusch entsteht. Als Gründe für eine Verengung oder Verlegung kommen Fremdkörper, Schwellung in Folge einer Entzündung (Tubenkatarrh) und Gefäßerkrankungen in Frage. Geht man nun joggen (Ohrenklopfen beim Laufen, bei Bewegung, bei Anstrengung) wird durch die Erschütterung beim Auffußen die Verbindungsstruktur kurz geöffnet und ein Knacken ist zu vernehmen. Schlucken, Aufstoßen oder Gähnen sorgen genauso für das Öffnen der Eustachischen Röhre und einen damit verbundenen Druckausgleich.
(© Sven Bähren / Fotolia)
Die Ohr-nahe Muskulatur kann auch Grund eines Geräusches im Ohr sein (Verspannung). Durch Zuckungen der Muskulatur von Gaumen, Kiefergelenk und Ohr selbst wird ein wiederkehrendes Geräusch erzeugt. Magnesiummangel, ein eingeklemmter Nerv, Stress, Parkinson, Epilepsie oder Chorea Huntigton sind Beispiele für die vielgestaltigen Ursachen.
Morbus Meniere als Erkrankung des Innenohres mit anfallartigem Schwindel, Schwerhörigkeit und Ohrgeräuschen tritt einseitig auf (im Ohr links, Im Ohr rechts). Auch Medikamente wie Acetylsalicylsäure, gewisse Antibiotika (siehe Wirkweise Antibiotika) und Antidepressiva (siehe auch: Mirtazapin Nebenwirkungen) oder eine Otosklerose (siehe Otosklerose Innenohr) können ein Auslöser sein.
[pulledquote float=right]Nicht-Existente Schallquellen[/pulledquote]
Findet weder der HNO-Arzt noch der Akustikspezialist eine körperliche Ursache, spricht man vom psychischen Tinnitus. Wichtigster Auslöser ist hier Stress und psychische Überbelastung.
Eine weitere mögliche Ursache ist die spontane Entstehung von elektrischen Signalen in der Signalkette des Hörvorganges, die normalerweise einfach „gelöscht“ wird. Ist diese Löschfunktion gestört, folgt ein Tinnitus.
Auch ein „Erlernen“ von Fehlgeräuschen kann ursächlich sein. Nach einem akuten Auftreten der Geräusche verknüpfen bestimmte Hirnregionen die Tinnitus-Signale mit Gefühlen wie Angst oder Verzweiflung, was diese Gefühle verstärkt. Wird dieser Kreislauf nun oft abgerufen und immer wieder auf der Großhirnrinde gespeichert, setzen sich die Störgeräusche im Gehirn fest und gelten somit als erlernt.
Schwerhörigkeit kann auch der Anfang eines Dauergeräusches im Hörsystem sein. Fehlen dem Gehirn bestimmte Frequenzen, so versucht er dies zu kompensieren und Phantomgeräusche entstehen. Die fehlenden Frequenzen werden sozusagen „laut gedreht“. Es ist als nicht verwunderlich, dass die akustischen Wahrnehmungen oft genau in den Tonlagen zu finden ist, in denen sich die Schwerhörigkeit manifestiert.
[pulledquote float=right]Hörsturz?[/pulledquote]Bekannt sind die nervenden Sinneswahrnehmungen auch als Folge eines Hörsturzes.
Subjektive Symptome
- Die akustische Wahrnehmung des Patienten kann von Klopfen über Pochen bis zu Pfeifen, Zischen, Klingeln, Brummen, Summen oder Rauschen gehen.
- Tonart und Tonhöhe variieren genauso wie der Rhythmus und die Lautstärke (schnelles Klopfen, pulsierendes, dumpfes).
- Das „Herzklopfen im Ohr“ ist einseitig (Klopfen im rechten Ohr, Klopfen im linken Ohr) oder betrifft beide Ohren, tritt nur nachts beim Einschlafen auf (Klopfen im Ohr nachts, beim Einschlafen) oder bei Geräuschen (Klopfen im Ohr bei Geräuschen).
- Die Begleiterscheinungen sind ursachenabhängig und reichen somit von Schwindel bis Einschlafstörungen oder Schlaganfall.
Zur besseren Kommunikation unter Ärzten und zur Standardisierung von Behandlungsansätzen teilt man die Fehlwahrnehmungen abhängig von der Belastung für den Betroffenen in vier Schweregrade ein:
[pulledquote float=right]Schweregrade[/pulledquote]
- Grad 1: Der Betroffene kompensiert seine Beschwerden gut und ist davon im normalen Leben ungestört.
- Grad 2: Das Geräusch ist weitgehend kompensiert. Bei Stille tritt er auf und stört den Patienten so unter Stress oder in belastenden Situationen.
- Grad 3: Berufs- und Privatleben sind erheblich beeinträchtigt. Störungen im kognitiven, emotionalen und körperlichen Bereich sind die Folge (Schlaf-/Konzentrationsstörungen, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Hilflosigkeit und Resignation).
- Grad 4: Die Belastung durch das Klopfen im Ohr ist so massiv, das die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Eine Berufstätigkeit ist nicht möglich. Sie ziehen sich aus dem Leben zurück.
Therapie (Tinnitus Behandlung)
Akut (bis 3 Monate Krankheitsdauer)
Ist das Auftreten der Sinneswahrnehmung akut, sollte eine Behandlung entsprechend innerhalb von 24 Stunden eingeleitet werden.
- Verengte Eustachische Röhre: Hier ist es wichtig mit abschwellenden Medikamenten einen Druckausgleich zu schaffen. Oft werden Nasen- oder Ohrensprays mit den Wirkstoffen Diclofenac oder Xylometazolin eingesetzt. Sind diese Substanzen nicht ausreichend, kann eine Kortisontherapie notwendig sein.
- Bakterielle Infektionen: Ein schneller Einsatz von zum Erregerspektrum passenden Antibiotika ist hier entscheidend.
- Muskelverspannungen: Steckt keine systemische Erkrankung hinter den Muskelspasmen, ist eine nutritive Supplementierung von Magnesium erfolgversprechend. Auch Krankengymnastik oder Massagen helfen.
- Akute Verletzungen: Verletzungen jeglicher Art bedürfen einer schnellen ärztlichen Versorgung, welche sich genau nach dem individuellen Trauma richtet.
- Psychisch bedingte akustische Fehlwahrnehmungen: Neben autogenem Training, Yoga, Chi Gong oder Sport können auch entspannende Bäder mit Lavendel, Baldrian oder Melisse eingesetzt werden.
- Auch eine Infusionstherapie mit durchblutungsfördernden Medikamenten zur besseren Sauerstoffversorgung im Ohr kann bei manchen Pathologien notwendig sein.
- Hausmittelchen: Zwiebelsäckchen auf das Ohr oder das Benutzen einer Rotlichtlampe sind hier genauso zu nennen, wie Heilkräutertees mit Hauswurz, Holunder oder Königskerze.
Chronisch (über 3 Monate Krankheitsdauer)
- Sind die Beschwerden rund um das Klopfen im linken Ohr respektive Klopfen im rechten Ohr auf psychische Auslöser zurück zu führen, ist die Behandlung natürlich mit der der akuten Form identisch.
- Tinnitusmasker als spezielle Hörsysteme können die Tinnituswahrnehmung unterdrücken, indem sie ein kontinuierliches Rauschen produzieren, was die Ohrgeräusche überdeckt.
- Getreu dem Motto „Besser hören, weniger Dröhnen“ kann bei einer ursächlichen Schwerhörigkeit ein gut eingestelltes Hörgerät die Lösung des Problems sein. In diesem Zusammenhang ist auch das Cochlea-Implantat (CI) zu nennen, das bei intaktem Hörnerv Schwerhörigen oder Gehörlosen durch elektrische Stimulation des 8. Hirnnerven das Hören ermöglicht.
- Die TRT (Tinnitus-Retraining-Therapie) beinhaltet neben der exakten Anpassung von Hörsystemen mehrere Beratungssitzungen über eine Dauer von 18 Monaten und erzielt gute Resultate.
- Sind durchblutungssteigernde Infusionen nicht ausreichend, um die Sauerstoffperfusion im Ohrbereich zu erhöhen, kann auch die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO-Therapie), bei welcher man unter erhöhtem Umgebungsdruck medizinisch reinen Sauerstoff einatmet, angewandt werden.
Tympanoplastik
Die Tympanoplastik als Operationsmethode kommt zum Einsatz, wenn:
- Eine chronische Mittelohrentzündung vorliegt, bei welcher die Gehörknöchelchen oder das Trommelfell beschädigt sind
- Bei der Entfernung eines Cholesteatoms
- Bei traumatischen Schäden nach Gewalteinwirkung, welche das Trommelfell und/oder die Gehörknöchelchen beschädigt hat
- Bei anderen entzündlichen, altersbedingten oder angeborenen Schäden des Schallleitungssystemes
Prophylaxe störender Geräusche im Ohr – was tun?
Prophylaktische Maßnahmen für die meisten Ursachen einer akustischen Fehlwahrnehmung gibt es nicht.
Eine gesunde Lebensweise mit fettarmer Ernährung (vgl. versteckte Fette in Lebensmitteln), ausreichend und Sport ist hier also allgemein zu nennen.
Ein Schutz des Gehörs vor zu hoher Lärmbelastung im Privatleben und Arbeitsalltag und eine fachgerechte Reinigung der Ohren mit Entfernung von übermäßigem Ohrenschmalz gilt natürlich ebenfalls als prophylaktisch.
Youtube-Videos rund um Tinnitus und sonstige Ohrgeräusche
https://www.youtube.com/watch?v=zSTwhbxBowI
Störende Ohrgeräusche: Herzklopfen, Pochen, Pfeifen > Quellen und weiterführende Ressourcen
- Herzklopfen im Ohr (Ohrklopfen) – Ursachen und Gegenmittel, gesundheits-fakten.de/klopfen-im-ohr-moegliche-ursachen-und-gegenmassnahmen/
- Klopfen im rechten Ohr, Pochen im Ohr, gesundpedia.de/Pochen_im_Ohr
- Tinnitus, tebonin.de/tinnitus
- Christiane Fux, Tinnitus, netdoktor.de/symptome/tinnitus/
- Valeria Dahm, Cochlea-Implantat, netdoktor.de/therapien/cochlea-implantat/
- Valeria Dahm, Hyperbare Sauerstofftherapie, netdoktor.de/therapien/hyperbare-sauerstofftherapie/
- Markus Fichtl, Tympanoplastik, netdoktor.de/therapien/tympanoplastik/
- WENN ES IM OHR POCHT UND KLOPFT: URSACHEN UND BEHANDLUNGEN, atra-tr.org/wenn-es-im-ohr-pocht-und-klopft-ursachen-und-behandlungen/
- Leitsymptom pulssynchrones Ohrgeräusch, aerzteblatt.de/archiv/141429/Leitsymptom-pulssynchrones-Ohrgeraeusch
- Pochen im Ohr, medizinius.de/korperteile-korperregionen/ohren-korperteile-korperregionen/pochen-im-ohr/
- Volkskrankheit Pfeifen im Ohr: So entsteht ein Tinnitus, focus.de/gesundheit/videos/beeintraechtigtes-hoeren-staendiges-pfeifen-im-ohr-so-entsteht-ein-tinnitus_id_5246837.html
- Der etwas andere Tinnitus, news.doccheck.com/de/1659/der-etwas-andere-tinnitus/
- Muskelzuckungen, praxisvita.de/muskelzuckungen-geraeusche-im-ohr-wann-ist-es-kein-tinnitus
Autor: Teresa Haufe