Der Keratokonus ist eine Augenerkrankung, die gekennzeichnet ist durch eine Schwächung der Hornhaut, wodurch es zu einer Vorwölbung der Hornhautoberfläche mit fortschreitender Ausdünnung des Gewebes kommt. Der Vorwölbungsgrad kann dabei unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Statistische Auswertungen haben gezeigt, dass durchschnittlich einer von 2000 Menschen an einem Keratokonus leiden. Die genauen Ursachen der Augenerkrankung liegen noch weitgehend im Dunkeln, beobachtet werden konnte eine familiäre Häufung bei entsprechender genetischer Disposition sowie ein gehäuftes Auftreten beim Vorliegen bestimmter Allgemeinerkrankungen, beispielsweise Neurodermitis. Auch vermehrtes Augenreiben kann die Entstehung eines Keratokonus offenbar begünstigen. Der Keratokonus ist häufig ein Zufallsbefund beim Augenarzt und sollte so früh wie möglich behandelt werden.
Die typischen Symptome des Keratokonus
Die Hornhaut, Cornea, ist ein wichtiger Bestandteil des Auges. Entwickelt sich ein Keratokonus, so gibt es unterschiedliche Krankheitszeichen. Als Frühwarnzeichen gelten wechselnde Sehstärken mit häufigen Brillenkorrekturen durch die zunehmende Hornhautverkrümmung. Der Keratokonus kann sich zunächst auch nur auf ein Auge beschränken. Reicht die Korrektur der Sehstärke nicht mehr aus, so kann es zu Phänomenen wie Sehen von Doppelbildern, Schattensehen, Schlierensehen oder Wahrnehmung eines Strahlenkranzes um Lichtquellen kommen. Die optische Korrektur eines Keratokonus bestand bei leichteren Fällen in einer optischen Korrektur durch Brille oder Kontaktlinsen. Fortgeschrittene Krankheitsbilder wurden durch eine Hornhautverpflanzung, Keratoplastik, chirurgisch behandelt.
Stabilisierung der Hornhaut durch Crosslinking, einem fotochemischen Prozess mit Riboflavin und UV-Licht
Als weitere effiziente Behandlungsmöglichkeit wurde bereits Ende der 1990er Jahre das sogenannte Crosslinking entwickelt. Bei dieser Behandlungsmethode kann die erkrankte Hornhaut durch eine Quervernetzung der Kollagenfasern mechanisch stabilisiert werden. Dadurch wird ein weiteres Voranschreiten der Hornhautverkrümmung aufgehalten.
Die therapeutische Vorgehensweise erfordert einen sogenannten fotochemischen Prozess, dabei werden durch UV-Licht aktiviertes Vitamin B2 Sauerstoffradikale freigesetzt. Die Stickstoff- und Kohlenstoffgruppen benachbarter Kollagenfibrillen werden dann durch diese freien Radikale verbunden. Ein weiterer Effekt besteht im Schutz tiefer liegender Schichten des Hornhautendothels durch die Absorption des UV-Lichtes von Vitamin B2.
Die Crosslinkingbehandlung wird bei fortgeschrittenem Keratokonus durchgeführt. Das Fortschreiten der Erkrankung lässt sich durch eine sogenannte Hornhautoberflächenvermessung nachweisen.
Durch Crosslinking kann eine dauerhafte Stabilisierung erreicht werden
Dabei kann eine Zunahme des Kmax-Wertes, der maximalen Hornhautbrechkraft, um eine Dioptrie innerhalb eines Jahres durch den Augenarzt festgestellt werden. Auch anhand der Brillenstärke ist eine, allerdings weniger genaue, Beurteilung möglich. Als Indiz für eine Progression können zwar Vorbefunde herangezogen werden, der Nachweis durch eigene Verlaufskontrollen wird dadurch aber nicht ersetzt. Je nach vermuteter Aktivität des Krankheitsprozesses und dem Alter eines Patienten kann die nächste Kontrolle nach etwa 3 Monaten bis zu einem Jahr vereinbart werden.
Um eine klinisch sinnvolle Stabilisierung zu erreichen, sollte die Sehschärfe vor einer Operation mit Kontaktlinsen oder Brille mindestens 0,3 betragen. Ungünstiger für eine Behandlung können sich prognostisch ein hohes Lebensalter, Hornhautnarben oder ein maximaler Krümmungswert größer 55 Dioptrien auswirken.
Die praktische Durchführung des Crosslinking
Bekannte Epithelheilungsstörungen, Vorliegen einer Schwangerschaft, eine Hornhautdicke unter 400 Mikrometer oder Herpesinfektionen des Auges gelten als Kontraindikationen.
Für den Eingriff ist kein stationärer Aufenthalt erforderlich, denn Crosslinking kann ambulant unter Tropfanästhesie durchgeführt werden. Der Eingriff ist dadurch für den Patienten weitgehend schmerzfrei.
Das Epithel der Hornhaut wird beim Crosslinking großflächig abradiert, anschließend wird im 2-Minuten-Rhythmus Riboflavin in einer Konzentration von 0,1 % über einen Zeitraum von etwa 30 Minuten getropft. Ist die Hornhaut etwas zu dünn, so kann unter Zuhilfenahme von hypotonem Riboflavin eine Hornhautquellung auf Werte bis über 400 Mikrometer erreicht werden. Über eine Fläche von 8 bis 9 Millimeter Durchmesser erfolgt dann anschließend die Bestrahlung mit UV-Licht über einen Zeitraum von etwa 30 Minuten. Dabei ist der korrekt gewählte Abstand zwischen Hornhaut und UV-Lichtquelle für eine konstante Intensität von 3mW pro Quadratzentimeter wichtig.
Während der Therapie wird zwischendurch immer wieder die Hornhautdicke kontrolliert und weiterhin Riboflavin im zweiminütigen Abstand getropft. Der Prozess kommt zum Abschluss durch eine Spülung der Hornhautoberfläche sowie das Anlegen einer Verbandskontaktlinse.
Ein beschleunigtes Cross-Linking verspricht neuerdings die Firma „avedro“ mit ihrem Avedro KXL® / KXL II™ System, wodurch das Verfahren angeblich nur 3 Minuten oder weniger in Anspruch nimmt. In Deutschland wirbt unter anderem das Kölner Augenlaserzentrum iQGEN mit dem Einsatz der Avedro-Gerätetechnik.
Nachbehandlung und Verlaufskontrolle nach einem Crosslinking
Auch postoperativ muss der Patient weiterbehandelt und betreut werden. Zur Vermeidung einer Infektion an der Hornhaut ist die Verabreichung von Antibiotika erforderlich. Zur Beschleunigung des Heilungsprozesses und dem Verhindern von entzündlichen Reaktionen werden außerdem Steroide und sogenannte Benetzungsmittel gegeben, die ein Austrocknen der Hornhaut verhindern.
Nach Epithelschluss kann die Verbandskontaktlinse bei unkompliziertem Verlauf in der Regel bereits am dritten Tag nach dem Eingriff entfernt werden. Solange das Epithel offen ist, können die Patienten eventuell Schmerzen und Reiben verspüren.
Bei den üblichen Verlaufskontrollen nach einem, 3, 6 und 12 Monaten werden die unkorrigierte und korrigierte Sehschärfe sowie die Topografie überprüft. Der Arzt verwendet dafür eine sogenannte Spaltlampe, denn mit diesem optischen Hilfsmittel kann zwischen vernetzter und unvernetzter Hornhaut häufig eine feine Demarkationslinie erkannt werden.
Möglicherweise auftretende Nebenwirkungen nach einem Crosslinking
In den allermeisten Fällen zeigt sich eine Stabilisierung der Hornhaut, zum Teil auch eine Visusverbesserung sowie häufig auch eine Abnahme der maximalen Hornhautbrechkraft. In den ersten Wochen nach einem Crosslinking kann es zu vermehrter Blendempfindlichkeit und Augentrockenheit kommen. Visus und Refraktion können in den ersten Monaten nach dem Eingriff schwanken. Auftretende Trübungen der Hornhaut sind in der Regel reversibel.
Selten kann es auch zu einer verzögerten Epithelheilung oder zum Auftreten steriler Infiltrate kommen. Auch Infektionen sind als sehr seltene Komplikation möglich, die Abheilung kann mit einer Visusabnahme oder Hornhautnarbe einhergehen. Wird die minimale Hornhautdicke unterschritten, so wäre auch eine Endothelschädigung möglich.